Bei Jacquard muss ich unweigerlich an imposante Wandbehänge, prächtige Roben oder antike Möbel denken. Das ist auch kein Wunder – im 19. Jahrhundert wurde dieser Stoff entwickelt, der sich vor allem beim damaligen Adel großer Beliebtheit erfreute. Daher wird er bis heute noch mit Luxus und Qualität assoziiert!
Der Stoff mit dem Wow-Effekt
Im Gegensatz zu den meisten Stoffen, die wir bisher in der Stoffkunde vorgestellt haben, unterscheidet sich Jacquard nicht durch die verwendeten Materialien, sondern durch seine einzigartige Verarbeitung. Mit der Entwicklung von Jacquard-Webstühlen konnten Kettfäden frei gesteuert werden, womit großformatige Musterungen erstmals möglich waren. Durch den Einsatz von Lochkarten, einer analogen Steuerungsform, wurden endlos lange Wiederholungen von komplizierten Mustern gewebt. Übrigens stammt der Name vom Entwickler des speziellen Webstuhls: Joseph-Marie Jacquard. Nach wie vor kommt der Stoff bei festlichen Kleidern und Möbelbezügen zum Einsatz, aber auch stylische Jacken oder feine Tischtücher und Bettwäschen werden aus dem Gewebe geschneidert. Heute wird als Rohstoff Seide, Baumwolle, Wolle oder Synthetikstoff verwendet.
Je nach Material und Stärke ist Jacquard mit Vorsicht zu behandeln – Ihr solltet vorher die Bügeltemperatur an einem Stoffrest austesten und Nähnadeln entsprechend der Stoffdicke auswählen. Kleidungsstücke solltet Ihr, wenn nicht anders angegeben, mit einem milden Reinigungsmittel waschen oder, noch besser, in die Reinigung abgeben. Durch den Einsatz von verschiedenen Fäden oder Webtechniken kann zwischen drei Jacquard-Geweben unterschieden werden.
Brokat
Wenn Glanzfäden aus Gold oder Silber eingearbeitet wurden, handelt es sich dabei um einen Brokatstoff. Er ist in den meisten Fällen aus Baumwolle oder Baumwollgemischen hergestellt, was den Stoff sehr schwer macht. Vorteile sind seine hohe Strapazierfähigkeit und die guten Pflegeeigenschaften. Brokat wird nicht nur als Dekorationsstoff verwendet, sondern findet auch für Möbelbezüge seine Anwendung.
Damast
Beim Damast werden Kett- und Schussfaden abwechselnd gewebt, sodass zierliche Formen abgebildet werden. Dabei ist ein Positiv- und Negativ-Effekt auf der linken und rechten Seite sichtbar. Diese Optik wird gerne mit andersfarbigen Fäden hervorgehoben, dann stechen die Figuren noch besser heraus. Traditionell besteht Damast aus hochwertiger Seide. Heutzutage wird er auch aus Baumwolle und Mischgeweben angefertigt.
Matelassé
Das Doppelgewebe Matelassé zeichnet sich durch eine reliefartige Optik aus, die durch die Jacquard-Webung entsteht. Daher ähnelt er sehr stark gequilteten Decken. Mit Füll- und Polsterschüssen kann die plastische Erscheinung nochmals verstärkt werden. Matelassé besteht im Obergewebe aus Seide, Viskose oder Wolle, im Untergewebe aus Baumwolle. Wegen seiner Dicke und der dekorativen Oberfläche wird er gerne für Möbel oder wärmende Kleidung wie Mäntel verwendet.
Habt Ihr schon einmal mit einem dieser Jacquard-Stoffen gearbeitet? Ich bin mir sicher, dass Projekte, die Ihr aus diesen wunderbaren Materialien anfertigt, etwas ganz Besonderes und Einzigartiges sind!
Text: S. Prautzsch / Ngoc Quynh Vy Nguyen
Bilder: shutterstock