Im letzten „History“-Beitrag haben wir eine kurze Reise in die Vergangenheit unternommen und uns an die mittelalterliche Speisetafel begeben, um zu schauen, was denn so alles auf dem Speiseplan unserer Vorfahren stand. Aber warum nicht noch mal ein paar Jahrhunderte weiter zurückreisen? Also dann: Willkommen am Tisch der alten Germanen.
Auf heimischer Scholle
Und um es gleich zu sagen: Besagter Tisch war eher spärlich gedeckt. Obwohl sich Germanien in Siedlungsgebiete verschiedenster Stämme aufsplitterte, sah die Landwirtschaft überall ziemlich gleich aus: Auf den Feldern baute man Gerste, Weizen, Hirse und Ackerbohnen an, im heutigen Norddeutschland auch noch Roggen und Hafer. In einigen Regionen kamen außerdem Linsen und Erbsen hinzu. Gärten gab es auf germanischem Boden nur in den römisch kontrollierten Gebieten, in denen die Herren aus Südeuropa Obst, Gemüse und Kräuter anbauten. Die “Barbaren” selbst fanden das wenig sinnvoll. Immerhin konnte man Beeren, Nüsse und Co. doch auch einfach im Wald sammeln. Wurde ein Festmahl abgehalten – was immer auch ein wichtiges gesellschaftliches Ereignis war –, dann gab es keine besonders ausgefallenen Menüs, sondern die alltäglichen Speisen, dafür aber in großen Mengen. Pilze, Wildkräuter, Waldfrüchte und Salz sorgten für die Würze.
Speisen wie in Walhalla?
Im Norden des germanischen Kulturraums, in Skandinavien, sah es ganz ähnlich aus. Hier siedelten die Wikinger, die vom späten 8. bis in die Mitte des 11. Jahrhunderts Angst und Schrecken verbreiteten. Diese Nordmänner – die noch Odin und Thor verehrten, während ihre Opfer in Mittel- und Westeuropa sowie auf den Britischen Inseln schon längst christianisiert worden waren – galten nicht umsonst als gefürchtete Krieger und Plünderer. Vielleicht habt Ihr ja Serien wie Vikings oder The Last Kingdom geschaut und wisst daher, was für raue Gesellen das sein konnten.
In der Heimat allerdings schwangen sie nicht die Streitaxt, sondern schufteten auf dem Hof. Vor allem die Viehzucht spielte in Skandinavien eine wichtige Rolle. In den nordischen Ställen wohnten Pferde, Rinder und Schafe, die vor allem als Arbeitstiere und Wolllieferanten dienten. Als Braten endeten sie nur im Notfall. Die Schweinehaltung (und damit auch ein größerer Fleischkonsum) erfreute sich erst ab dem 8. Jahrhundert wachsender Beliebtheit unter den Wikingern. Immerhin konnte das Borstenvieh mit Haushaltsabfällen gefüttert werden oder suchte sich sein Fressen gleich selbst im Wald. Kühe und Schafe hingegen benötigten extra Weideland. Das schrumpfte jedoch immer mehr, weil sich landwirtschaftliche Methoden verbessert hatten und sich deshalb der Anbau von Nutzpflanzen mehr lohnte – aus Weiden wurden Felder.
Nordische Bauern
Hier bauten die Wikinger Gerste, Roggen, Dinkel, Hafer und Erbsen an. Daraus machte man entweder Brei oder backte Brot. In das Brot arbeiteten die skandinavischen Bäcker gelegentlich auch Kiefernrinde mit ein (sorgt für Vitamin C und beugt Skorbut vor) oder sogar Blut, sodass so etwas wie eine Art Blutpudding entstand.
Ansonsten zeigt sich der Speiseplan der Nordmänner weniger gruselig: Beeren, Nüsse, Seevogeleier, Fisch (na klar, der darf in der skandinavischen Küche nicht fehlen) und gelegentlich Wild.
Also, auch wenn Ihr bei Germanen und Wikingern zuerst an blutrünstige Barbaren denkt: Ihr Alltag war eher Feldarbeit statt Raubzug. Und das mit oft eher kärglichem Ertrag. Wie gut, dass wir da in einer sehr luxuriöseren Position sind – und auch nicht mehr zum Schwert greifen müssen.