Samt – der Stoff der Könige! Bei HobbynäherInnen ist Samt nicht so weit verbreitet, meist wird er für die Fertigung historischer Kostüme fürs Theater sowie Reenactment oder ausgefallener Accessoires verwendet. Wer mit Samt näht, hat also meist Großes im Sinn, aber das sollte tapfere Schneiderlein nicht davon abhalten, dieses Material wenigstens einmal auszuprobieren!
Früher war Samt so kostbar, dass er nur von Herrschern oder reichen Kaufleuten getragen werden konnte. Dieser hohe Preis resultierte aus der arbeitsintensiven Herstellung sowie der Verwendung von reinen Seidenfäden vor der Verbreitung von Baumwolle und später Viskose oder anderen Kunstfasern.
Samt ist ein Florgewebe, das heißt, sein Grundgerüst ist zunächst ein gewebter Stoff. Zusätzlich zum Kett- und Schussfaden wird jedoch mindestens ein weiterer Kett- oder Schussfaden schlingenbildend eingewebt, wodurch das Endprodukt in Kett- und Schusssamt unterschieden wird. Die Schlingen werden nachträglich aufgeschnitten, sodass die Fadenenden auf der Oberseite des Stoffs abstehen und einen Flor bilden. Dieser besitzt gewöhnlicherweise eine Länge von ca. 2 mm, ist also kürzer als bei Plüschstoffen.

Der Begriff ”samtig weich” kommt auch nicht von ungefähr – Samt besitzt eine tolle Haptik.
Heutzutage wird der Stoff oft mit der Doppelsamttechnik produziert – dabei werden zwei Stofflagen gleichzeitig dicht übereinanderliegend gewebt. Zu den zwei benötigten Fadensystemen aus Kette und Schuss kommt ein fünfter Faden, die Polkette, hinzu, welche gleichzeitig über einen kurzen Abstand hinweg mit den zwei Stoffen verwoben wird. Die Polkette erhält ihren Namen übrigens daher, dass der Flor auch als Pol bezeichnet werden kann. Die Polkettenverbindung zwischen den zwei Stofflagen wird nach dem Weben durchtrennt und es entstehen zwei fertige Lagen Samtstoff, die getrennt voneinander auf Ballen gewickelt werden können.
Unterarten von Samt
Flocksamt ist ein unechter Samt – einzelne Faserflocken werden auf ein einfaches Gewebe geblasen, an dem sie mithilfe von Klebstoff fixiert werden; dieser Vorgang wird als Beflockung bezeichnet. Der Stoff ist somit nicht wie echter Samt drei- oder mehrfädig, imitiert jedoch die weiche Oberfläche. Pannesamt, auch Spiegelsamt genannt, erhält seine Musterung durch das Flachpressen oder -bügeln (“pannieren”) des Flors in bestimmte Richtungen und ist meist aus Polyester hergestellt. In dieser Form wird Samt gern für Röcke, Damenoberbekleidung und Accessoires verwendet.

Die durch das Pannieren erzielte Optik ist unverkennbar.
Samt, vor allem Pannesamt, ist relativ dehnbar, worauf bei der Verarbeitung Rücksicht genommen werden sollte. Für noch unsichere NähanfängerInnen eignet sich der Stoff daher eher nicht. Durch die distinktive Optik des Strichs macht sich das Material aber gut als Accessoire oder in Form eines originellen Kleidungsstücks. Wie wäre es zum Beispiel mit einem Täschchen oder einer Clutch, die Ihr mit etwas Samt veredelt? Wenn Ihr einen der Außenstoffe austauscht, erhaltet Ihr schnell ein elegantes Accessoire! Na los, traut Euch!
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Fotos: R. Jüngling. Die gezeigten Samtstoffe stammen aus meinem Privatvorrat.