Jersey sollte vor dem Verarbeiten gewaschen werden, da er wie die meisten elastischen Stoffe auf dem Ballen gestreckt wurde. Durch die Hitze beim Waschen kann sich die Maschenstruktur wieder in ihre richtige Position zurückziehen, sodass es nach dem ersten Waschen des fertigen Stückes keine böse Überraschung gibt, weil z. B. das Kleid plötzlich mehrere Zentimeter kürzer geworden ist als geplant. Eine allgemeine Aussage, um wieviele Zentimeter Jersey einläuft, kann leider nicht getroffen werden, da es sich je nach Materialmischung, der Herstellungsart und dem Hersteller unterscheidet. Stoffe sollten sowieso immer vorgewaschen werden, da ein Einlaufen von bis zu 5% nach dem ersten Waschen normal ist. Beim Nähen mit Jersey solltet Ihr unbedingt auf den Fadenlauf achten, da das Ausmaß an Längs- und Querelastizität unterschiedlich ist. Werden verschieden dehnbare Teile aneinandergenäht, kann es gut sein, dass sich nach nur wenigen Waschzyklen die Stoffe an der Naht unterschiedlich wellen und verzerren, woraus ein schiefes Kleidungsstück resultiert. Mehr über das Material Jersey findet Ihr in unserer Stoffkunde zu dem elastischen Stoff.
Tipps und Tricks zum Nähen
Die Schnittkanten von Jersey müssen nicht versäubert werden, da sie kaum bis gar nicht ausfransen, für ein schönes Finish ist es aber besser. Jersey hat jedoch – je nach verwendeten Materialien und Herstellungsart – eine unterschiedlich starke Neigung, sich einzurollen. Dies kann einerseits einen interessanten Effekt an den Kanten von Kleidungsstücken erzielen, andererseits aber auch zu einigem Frust beim Nähen führen. Falls sich der Stoff durch Bügeln nicht zähmen lässt, ist knappkantiges Heften der Stofflagen meist die Lösung. Es kann auch ein schmaler Streifen leichtes Bügelvlies zur Stabilisation verwendet werden. Jersey sollte aufgrund seiner Beschaffenheit mit einer speziellen Jersey- oder Stretch-Nadel genäht werden. Diese Nadeln mit großen Kugelspitzen stechen nicht in die einzelnen Gewebefäden ein, sondern schieben diese zur Seite, sodass das Material nicht beschädigt wird und Fäden zieht oder sogar Löcher entstehen. Damit sich die Elastizität des Stoffes auch in der Naht widerspiegeln kann, werden bei der Verarbeitung Elastikstiche verwendet, die im Gegensatz zu Gerad- und Zierstichen dehnbare Nähte erzielen. Im einfachsten Fall kann hierfür ein Overlockstich verwendet werden, aber auch in einem schmalen Zickzack- oder im Dreifachstich gefertige Nähte sind dehnbar. Auf keinen Fall sollte ein Geradstich verwendet werden, da bei Dehnung des Stoffes der Faden reißt und die Naht aufgeht. Nähte an den Schultern sollten mit Nahtband verstärkt werden, damit sie nicht mit der Zeit ausleiern. Oftmals kommt beim Nähen auch erschwerend hinzu, dass die einzelnen Stofflagen unterschiedlich schnell unter der Nähmaschinennadel transportiert werden, was zu verzogenen Nähten und ungenauen Ergebnissen führt. Hier hilft ein Obertransportfuß oder eine Verringerung des Druckes des Nähmaschinenfüßchens. Backpapier oder Seidenpapier zwischen Fuß und Stoff zu legen, trägt auch zum gleichmäßigen Transport bei, behindert jedoch auch etwas die Sicht auf die Arbeitsfläche. Auf jeden Fall solltet Ihr mit Stoffresten vom Zuschnitt die Nähmaschineneinstellungen überprüfen, da gegebenenfalls ein Anpassen der Fadenspannung den Unterschied zwischen Jersey-Lust und Frust ausmachen kann. Fertige Kleidungsstücke werden am besten liegend getrocknet, damit sie nicht durch das höhere Eigengewicht verzerrt werden und so ausleiern.
Ihr seht also, dass es jede Menge Kniffe und Tricks für den Umgang mit Jersey gibt, die Euch die Verarbeitung des Stoffes erleichtern. Ein tolles Projekt aus Jersey ist unser Coverprojekt der Simply Nähen 02/16, ein Kleid, das dank seiner raffinierten Konstruktion auf viele verschiedene Weisen getragen werden kann. Na, wie wäre es mit dem tollen Hingucker als Euer erstes kleines Meisterwerk aus Jersey?