Nicht nur bei der Sockenferse, auch bei Schulterpartien, am Halsausschnitt, an der Saumkante oder auch als Zierelement können uns verkürzte Reihen begegnen. Neben der altbekannten Doppelmasche gibt es noch weitere Techniken, mit der Ihr Euer Gestrick ohne Zu- oder Abnahmen formen könnt. In diesem Workshop zeigen wir Euch fünf Techniken für verkürzte Reihen, sodass Ihr die für Euch passende Methode finden könnt.
Was sind verkürzte Reihen und wo werden sie eingesetzt?
Bei verkürzten Reihen handelt es sich um Reihen, die nicht über die gesamte Breite des Gestricks, sondern nur über einen Teil der Reihe (oder Runde) gestrickt werden. Es wird also bereits vor dem eigentlichen Ende der Reihe gewendet. Dadurch lässt sich die Höhe einzelner Abschnitte variieren, sodass Keile, Abnäher oder Kurven gebildet werden können. Ein Paradebeispiel dafür ist die Sockenferse.
Außerdem können verkürzte Reihen dazu genutzt werden, den inherenten Höhenunterschied zwischen zwei Mustern auszugleichen. Das ist zum Beispiel der Fall bei mitgestrickten kraus rechten Blenden, die an glattes Gestrick grenzen. Da sich das kraus rechte Gestrick sehr viel stärker in der Höhe zusammenzieht als die glatt rechten Maschen, würde eine ohne Anpassungen mitgestrickte Blende das Vorderteil unschön zusammenziehen. Durch regelmäßig gearbeitete verkürzte Reihen kann die Höhe der Blende jedoch angeglichen werden, sodass die Arbeit glatt liegt.
Einzelne Stücke in glatt rechts und kraus rechts Blende ohne verkürzte Reihen Blende mit verkürzten Reihen
Des Weiteren lassen sich verkürzte Reihen anstelle von traditioneller Formgebung durch Abketten oder Abnahmen einsetzen, zum Beispiel an den Schultern. Dabei werden zum einen die Stufen vermieden, die eine saubere Naht erschweren könnten. Außerdem bleiben bei verkürzten Reihen die Maschen aktiv auf der Nadel, sodass statt einer genähten Naht die Teile auch durch Abketten mit drei Nadeln verbunden werden können.
Und natürlich lassen sich verkürzte Reihen auch rein dekorativ für tolle Muster einsetzen. Als erstes fällt da natürlich Ruth Kindla ein, die inoffizielle Queen der verkürzten Reihen. Sogar schlichte krause Maschen werden zum echten Hingucker, wenn sich Blattformen und Wellen in unzähligen Farben durch das Gestrick ziehen.
Verschiedene Techniken
In unserem Workshop zeigen wir Euch fünf verschiedene Techniken zum Stricken von verkürzten Reihen: Doppelmaschen, mit Umschlag, Wickelmaschen, die japanische Methode und den Shadow Wrap.
Damit seid Ihr so ziemlich für jedes Projekt mit verkürzten Reihen gewappnet, das Euch begegnen sollte. Außerdem könnt Ihr so gegebenenfalls die Technik wechseln, wenn Euch eine davon besser liegt oder Ihr findet, dass sie besser zum Projekt passt.
Doch warum ist es überhaupt notwendig, beim Wenden innerhalb des Gestricks eine spezielle Technik anzuwenden? Am Wendepunkt entsteht eine kleine Stufe, da hier der Abschnitt mit mehr Reihen beginnt. Die verschiedenen Techniken für verkürzte Reihen dienen dazu, diesen Übergang so unauffällig wie möglich zu gestalten, da ansonsten unschöne Löcher im Gestrick entstehen.
Nun aber genug der Vorrede, los geht es mit den Techniken!
1. Doppelmaschen
Bei uns sind Doppelmaschen die wohl am häufigsten verwendete Methode für verkürzte Reihen. Doch auch im englischsprachigen Raum haben die “German short rows” in den letzten Jahren immer mehr Fans gefunden – und das absolut zu Recht. Im Gegensatz zu den anderen Techniken wird der Wendepunkt hier nicht mit einer Art von Wickel kaschiert, sondern indem eine Masche aus der Vorreihe hochgezogen wird. Wie das funktioniert, seht Ihr hier Schritt für Schritt.
Doppelmaschen in Hinreihen
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1) Bis zum angegebenen Wendepunkt stricken, dann die Arbeit wenden. 2) Die erste Masche auf der linken Nadel wird nun zur Doppelmasche. 3) Mit vorne liegendem Faden die erste Masche der linken Nadel wie zum Linksstricken abheben. 4) Nun den Faden über die rechte Nadel nach hinten legen …
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5) … und fest nach unten ziehen, sodass beide “Beinchen” der Masche aus der Vorreihe auf der Nadel zu liegen kommen. Es wurde eine Doppelmasche gebildet. 6) Mit straffen Faden die nächste Masche links stricken, dann die Rückreihe wie angegeben arbeiten. 7) Um eine Doppelmasche in Hinreihen abzustricken, 8) wie zum Rechtsstricken in beide Maschenglieder einstechen und die Doppelmasche als 1 M re arbeiten.
Doppelmaschen in Rückreihen
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1) Bis zum angegebenen Wendepunkt stricken, dann die Arbeit wenden. 2) Die erste Masche auf der linken Nadel wird nun zur Doppelmasche. 3) Mit vorne liegendem Faden die erste Masche der linken Nadel wie zum Linksstricken abheben. 4) Nun den Faden fest nach hinten und unten ziehen, sodass beide “Beinchen” der Masche aus der Vorreihe auf der Nadel zu liegen kommen.
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5) Mit straffem Faden die nächste Masche rechts stricken, dann die Hinreihe wie angegeben arbeiten. 6) Um eine Doppelmasche in Rückreihen abzustricken, 7) wie zum Linksstricken in beide Maschenglieder einstechen und die Doppelmasche als 1 M li str. 8) Durch die Wellenstruktur fallen die abgestrickten Doppelmaschen auf der Rückseite kaum auf.
Das gilt es zu beachten
Vorderseite mit Doppelmaschen Rückseite mit Doppelmaschen
Weil beim Bilden der Doppelmaschen kein zusätzlicher Faden ins Gestrick eingebracht wird, kommt es nicht zu lockeren Stellen. Dementsprechend unauffällig ist diese Art von verkürzten Reihen. Allerdings kann es sein, dass die in Rückreihen gebildeten Doppelmaschen nicht ganz so ordentlich geraten, das ist zumindest unsere persönliche Erfahrung aus der Redaktion.
2. Verkürzte Reihen mit Umschlag
Auch das Wenden bei verkürzten Reihen mit Umschlag ist im deutschsprachigen Raum relativ häufig anzutreffen. Um die Lücke zwischen verkürzten Reihen und den stillgelegten Maschen zu überbrücken, wird ein Umschlag gebildet.
Verkürzte Reihen mit Umschlag in Hinreihen
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1) Bis zum angegebenen Wendepunkt stricken, dann die Arbeit wenden. 2) Einen sehr festen Umschlag auf der rechten Nadel bilden. 3) Die Rückreihe wie angegeben arbeiten. 4) Soll wieder über alle Maschen gearbeitet werden, 5) den Umschlag mit der nachfolgenden Masche rechts zusammenstricken.
Verkürzte Reihen mit Umschlag in Rückreihen
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1) Bis zum angegebenen Wendepunkt stricken, dann die Arbeit wenden. 2) Einen sehr festen Umschlag auf der rechten Nadel bilden. 3) Die Hinreihe wie angegeben arbeiten. 4) Soll wieder über alle Maschen gearbeitet werden, muss zuerst die Orientierung der Maschen geändert werden, um die Abnahme ssp arbeiten zu können. Würden in einer Rückreihe der Umschlag und die Masche nach der Lücke einfach links zusammengestrickt, würde der Umschlag auf der Vorderseite des Gestricks über der Masche liegen – das sieht nicht schön aus.
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5) Deshalb zuerst den Umschlag rechts abheben. 6) Auch die nachfolgende Masche rechts abheben. 7) Masche und Umschlag zurück auf die linke Nadel legen, ohne sie zu verdrehen. 8) Die rechte Stricknadel von links nach rechts durch die hintenliegenden Maschenglieder von Masche und Umschlag einstechen, um sie links zusammenzustricken.
Das gilt es zu beachten
Vorderseite mit Umschlägen Rückseite mit Umschlägen
Wer von vornherein schon sehr fest strickt, wird mit dieser Technik saubere Ergebnisse erzielen können. Durch den neu gebildeten Umschlag wird allerdings zusätzliche Fadenlänge in das Gestrick eingeführt, sodass diese verkürzten Reihen anfälliger für lockere Maschen sein können. Zudem ist das Stricken des Übergangs in Rückreihen komplexer als bei der Doppelmasche, da zuerst die Orientierung der Maschen geändert werden muss. Außerdem kann beim Zählen der Umschlag schnell als Masche durchrutschen, deshalb muss hier besonders aufmerksam gezählt werden.
3. Wickelmaschen
Wickelmaschen sind vor allem durch amerikanische und englische Anleitungen bei uns populär geworden. Auch in der Simply Stricken sind sie immer wieder anzutreffen. Zum Kaschieren des Übergangs wird hier eine Masche nach dem Wendepunkt umwickelt.
Wickelmaschen in Hinreihen
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1) Bis zum angegebenen Wendepunkt stricken. Die nächste Masche wird zur Wickelmasche. 2) Die nächste Masche links abheben. 3) Den Arbeitsfaden zwischen den Nadeln nach vorne legen. 4) Die abgehobene Masche zurück auf die linke Nadel legen. 5) Die Arbeit wenden und den Faden zwischen den Nadeln nach vorne holen. Eine Wickelmasche wurde gebildet. 6) Die Rückreihe wie angegeben stricken.
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7) Um die Wickelmasche in einer folgenden Reihe abzustricken, 8) von unten nach oben (wie zum Rechtsstricken) zuerst in den Wickel einstechen. 9) Dann ebenso wie zum Rechtsstricken in die zugehörige Masche einstechen und Wickel und Masche rechts zusammenstricken.
Wickelmaschen in Rückreihen
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1) Bis zum angegebenen Wendepunkt stricken. Die nächste Masche wird zur Wickelmasche. 2) Die nächste Masche links abheben. 3) Den Arbeitsfaden zwischen den Nadeln nach hinten legen. 4) Die abgehobene Masche zurück auf die linke Nadel legen. 5) Die Arbeit wenden und den Faden zwischen den Nadeln nach hinten bringen. Eine Wickelmasche wurde gebildet. 6) Die Hinreihe wie angegeben stricken.
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7) Um die Wickelmasche in einer folgenden Reihe abzustricken, 8) von der Vorderseite aus den Wickel von oben nach unten mit der rechten Nadelspitze aufnehmen 9) und auf die linke Nadel legen. 10) Dann Wickel und zugehörige Masche links zusammenstricken.
Das gilt es zu beachten
Vorderseite mit Wickelmaschen Rückseite mit Wickelmaschen
Damit die Wickelmaschen der verkürzten Reihen nicht zu sehr auffallen, sollte der Wickel möglichst fest sein. Dafür nach der Wickelmasche eine Masche stricken, dann den Faden anziehen. Es ist völlig normal, wenn auf der Rückseite des Gestricks die Wickel noch als lockere Schlingen zu sehen sind. Je gleichmäßiger das Maschenbild und umso fester die Wickel sind, umso kleiner werden auch diese Schlingen.
4. Die japanische Methode
Im Gegensatz zu den anderen Techniken für verkürzte Reihen benötigt Ihr bei der japanischen Methode zusätzliche Hilfsmittel. Ein Garnrest, ein verschließbarer (ganz wichtig!!!) Maschenmarkierer oder eine Sicherheitsnadel kennzeichnen die Schlinge, mit welcher der Übergang kaschiert wird.
Die japanische Methode in Hinreihen
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1) Bis zum angegebenen Wendepunkt stricken. 2) Die Arbeit wenden und mit vorne liegendem Faden die erste Masche der linken Nadel links abheben. 3) Nun Maschenmarkierer/Garnrest/Sicherheitsnadel um den Arbeitsfaden legen und dicht an die Arbeit schieben. 4) Die nächste Masche links stricken. Die Markierung befindet sich zwischen der abgehobenen und der gestrickten Masche.
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5) Um wieder über alle Maschen stricken zu können, zunächst bis zur Lücke stricken. Die markierte Schlinge befindet sich dann auf der rechten Nadel. 6) An der Markierung ziehen, 7) um die Schlinge auf die linke Nadel legen zu können. Die Markierung entfernen. 8) Nun die Masche nach der Lücke und die Schlinge rechts zusammenstricken.
Die japanische Methode in Rückreihen
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1) Bis zum angegebenen Wendepunkt stricken. 2) Die Arbeit wenden und die erste Masche der linken Nadel links abheben. 3) Nun Maschenmarkierer/Garnrest/Sicherheitsnadel um den Arbeitsfaden legen und dicht an die Arbeit schieben. 4) Die nächste Masche rechts stricken. Die Markierung befindet sich zwischen der abgehobenen und der gestrickten Masche.
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5) Um wieder über alle Maschen stricken zu können, zunächst bis zur Lücke stricken. Die markierte Schlinge findet sich dann auf der rechten Nadel. 6) Nun zuerst die erste Masche auf der linken Nadel links abheben. 7) Dann an der Markierung ziehen, 8) um die Schlinge auf die linke Nadel zu legen. 9) Die abgehobene Masche zurück auf die linke Nadel legen, dann Masche und Schlinge links zusammenstricken.
Das gilt es zu beachten
Vorderseite der japanischen Methode Rückseite der japanischen Methode
Dank der Markierung ist es nahezu unmöglich, einen der Wendepunkte zu übersehen. Durch das Anbringen und Entfernen von Maschenmarkierer oder Sicherheitsnadel wird allerdings auch der Strickfluss unterbrochen, was die Strickgeschwindigkeit verringert. Aus diesem Grund ist das Verwenden eines Fadenendes (für mich persönlich) unkomplizierter. Je feiner das Garn ist, umso dünner sollte auch die eingehängte Markierung sein, damit die Schlinge nicht unnötig groß gezogen wird.
5. Verkürzte Reihen mit Shadow Wrap
Verkürzte Reihen mit Shadow Wrap nutzen eine Variation der gehobenen Zunahmen, um Stufen im Gestrick zu vermeiden. Ihren Namen hat diese Technik von der Tatsache, dass die gehobene Schlinge wie ein Schatten an der Wendemasche liegt und ein Paar bildet.
Shadow Wrap in Hinreihen
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1) Bis zum angegebenen Wendepunkt stricken. 2) Mit der rechten Nadelspitze das rechte Maschenglied der Masche aufnehmen, die direkt unter der ersten Masche auf der linken Nadel liegt. 3) Das Maschenglied auf die linke Nadel legen. 4) Das Maschenglied rechts abstricken, 5) dann die daraus entstandene Masche direkt wieder zurück auf die linke Nadel legen. 6) Die Arbeit wenden. Rechts des Wendepunktes liegt das Maschenpaar.
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7) Um wieder über alle Maschen zu stricken, 8) lediglich die Paarmaschen rechts zusammenstricken.
Shadow Wrap in Rückreihen
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1) Bis zum angegebenen Wendepunkt stricken. 2) Die nächste Masche auf der linken Nadel links abheben. 3) Mit der linken Nadelspitze den “Kragen” unter der ersten Masche auf der rechten Nadel aufnehmen. 4) Die aufgenommene Schlinge links stricken. 5) Die eben gebildete Masche und die Masche davor bilden ein Paar. 6) Die beiden Maschen zurück auf die linke Nadel legen, dann die Arbeit wenden.
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7) Um wieder über alle Maschen zu stricken, 8) lediglich die Paarmaschen links zusammenstricken.
Das gilt es zu beachten
Vorderseite Shadow Wrap Rückseite Shadow Wrap
Bei verkürzten Reihen mit Shadow Wrap erfolgt der Hauptteil der Arbeit vor dem Wenden. Denkt daran, dass dadurch zwar eine zusätzliche Masche gebildet wird, sie wird jedoch nicht mitgezählt, da sie später am Wendepunkt “weggestrickt” wird.
Welche Technik ist Euer Favorit?
Doppelmaschen, mit Umschlag, Wickelmaschen, die japanische Methode oder der Shadow Wrap – welches ist Eure (neue) Lieblingsmethode für verkürzte Reihen?
Cinzia am
Vielen lieben Dank! Das ist eine tolle Übersicht über die Möglichkeiten, ich werde sie wahrscheinlich in einem meiner nächsten Blogbeiträge verlinken. Mein persönlicher Favorit sind die Shadow Wraps.
Christine Scholl am
Toll, nun heisst ans Werk,! Danke